Gebete für die Vermissten [Rezension]

Gebete für die Vermissten

Jennifer Clement

Übersetzt von Nicolai von Schweder-Schreiner
Ausgabe von 2014
228 Seiten, Suhrkamp Verlag

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“Das Jahr, als José Rosa unser Lehrer war, blieb mir als eine Reihe von Ereignissen in Erinnerung.“ 

Die Autorin:

Jennifer Clement wuchs in Mexiko auf, zum Studieren ging sie jedoch nach New York und Paris. Mittlerweile lebt und arbeitet sie wieder in Mexiko, wo sie von 2009 bis 2012 auch Präsidentin der PEN Mexiko war und generell sehr engagiert ist. Für ihr Buch hat sie sehr lange Nachforschungen angestellt und mit vielen Frauen gesprochen. Das Buch wurde mit dem National Endowment of the Arts (NEA) Fellowship for Literature ausgezeichnet und bekam den Sara Curry Humanitarian Award.

Die Story:

Ladydi wächst im mexikanischen Guerrero auf, auf einem kleinen Berg in der Nähe von Acapluco. Frauenentführungen, Drogenhandel und Angst vor abgeworfenen Pestiziden gehören hier zum Alltag. Es ist ein Ort der Frauen, die Männer sind alle in die Städte oder in die USA gegangen und nie zurückgekehrt. Der einzige Junge, der noch da ist, ist Mike, ein Drogendealer, der Ladydi bald in große Schwierigkeiten bringt.

Meine Meinung:

Liest man bereits veröffentlichte Rezensionen zu diesem Buch, wird man von einer Welle der Begeisterung überrollt, man übertrifft sich gegenseitig mit Lob. Diesem Lob kann ich leider nicht zustimmen. Ich habe mir sehr viel von dem Buch erhofft, da die Thematik einfach interssant klang. Aber ich wurde ehrlich gesagt enttäuscht. Wenn man schon ein (auf realen Ereignissen basierendes) Einzelschicksal aus dieser Gegend beschreibt, sollte man sich auch mit der Protagonistin, Ladydi, verbunden fühlen und sich in sie hinein versetzen können. Ihre Geschichte und ihr Schicksal blieben mir jedoch so fern wie Mexiko geographisch von Deutschland entfernt ist. Ich hatte das Gefühl, keine einzige richtige Emotion in diesem Buch wahrzunehmen. Außerdem schwankte die Mutter immer zwischen liebevoll und absolut grausam. Aber das schien etwas zu sein, was Ladydi nicht bewegte, zumindestens kommt es nicht so rüber. Auch wird kein Wort über Liebeskummer verloren und generell wird die „Liebe“ relativ… emotionslos gehalten. Dabei schreibt sie in der „Ich-Form“ hätte also alle Möglichkeiten, Gedanken einfließen zu lassen. Vielleicht ist das aber auch eine Folge davon, dass kein einziges Mal wörtliche Rede benutzt wird, aber naja… ich konnte auf jeden Fall keine Verbindung zu Ladydi aufbauen und fand das sehr schade. Ich habe immer auf die Emotionen gewartet, ich habe immer darauf gewartet, endlich in ihr Schicksal einzutauchen, es zu erleben und so besser zu verstehen. Denn ich wollte ihr Schicksal verstehen, ich wollte ein Bild dafür kriegen wie dieses eine Leben in Guerrero aussieht, ich habe einfach ein tolles, bewegendes Buch erwartet. Stattdessen war es leider sehr trocken und – wie bereits gesagt – ziemlich emotionslos.
Die angesprochenen Thematiken (Armut, Mädchenentführung, Drogenhandel, Aids, etc) sind nach wie vor wichtig, aber ich finde sie hier einfach nicht gut umgesetzt.

Ein mittelmäßiges Buch über wichtige Themen

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PS: Ich habe das Buch vorab als Rezensionsexemplar vom Suhrkamp Verlag erhalten, vielen vielen Dank! :)

Leseprobe: hier
Verlag: Suhrkamp Verlag
Zu kaufen: hier oder seit dem 15.9. in jeder Buchhandlung ;)
ISBN: 978-3-518-42452-0

Nächstes Buch: Herzenhören – Jan-Philipp Sendker

3 Kommentare

  1. Liebe Tasmin,

    wenn so wichtige Themen schlecht umgesetzt werden, finde ich es umso schader – und doch sind und bleiben sie wichtig.

    Richtig schöne Rezension! :)

    Liebe Grüße,
    Marie

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